Erster Brief
Miss Stanhope and Mrs. Fanny
Meine liebe Fanny,
ich bin das glücklichste Geschöpf unter der Sonne, denn Mr. Watts hat mir heute einen Heiratsantrag gemacht. Es ist mein allererster und ich kann dir gar nicht sagen, wie Stolz und Froh ich darüber bin. Wie werde ich über die Duttons triumphieren! Aber ich glaube fast, dass ich ihn nicht erhöhren werde, aber weil ich mir noch nicht ganz sicher bin, gab ich ihm eine mehr deutige Antwort und ließ ihn stehen. Und jetzt meine liebe Fanny benötige ich deinen Rat ob ich seinen Antrag annehmen soll oder nicht; aber damit du dir ein Bild über seine Vorlieben und seine geschäftliche Lage bilden kannst will ich dir berichten wie es damit steht. Er ist schon ziemlich alt, etwa 32 und sieht so garstig aus, dass ich ihn kaum anschauen mag. Er ist unausstehlich und für mich der abscheulichste Mensch auf der Welt. Er besitzt ein großes Vermögen und wird mich für den Fall seines Todes gut versorgen; aber ach er ist kerngesund. Kurzum ich weiß nicht wie ich mich verhalten soll. Gebe ich ihm einen Korb will er, wie er mir andeutete, Sophie seine Hand antragen und wird, wenn auch sie ihn nicht mag, und Georgiana werben und der Gedanke das einer von ihnen vor mir heiratet ist mir unerträglich. Ich weiß wohl, dass ich für den Rest meines Lebens unglücklich sein werde wenn ich ihn nehme, denn er ist sehr übellaunig, reizbar und von argwöhnischen Naturell und zu dem ein so großer Knicker, dass kein Auskommen mit ihm im Hause ist. Er würde nun mit Mama sprechen, sagte er, dass aber verbat ich mir nachtrüglich, denn dann würde sie mich zur Heirat mit ihm zwingen ob ich nun will oder nicht; doch hat er es inzwischen womöglich schon getan, denn er macht nie das worum man ihn bittet. Ich glaube ich nehme ihn doch. Welch ein Triumph vor Sophie, Georgiana und den Duttons verheiratet zu sein. Und er hat versprochen zur Hochzeit eine neue Equipage anzuschaffen, aber um ein Haar wären wir wegen der Farbe uneins geworden, denn ich bestand auf blau mit silber, er dagegen auf schlichten schokoladenbraun; und um mich noch mehr zu reizen sagte er die neue Equipage sollte genauso niedrig sein wie seine alte. Ich sage dir, ich will ihn nicht. Er sagt er würde morgen wieder kommen, meinte er und sich meine endgültige Antwort holen, ich muss ihn mir wohl doch sichern solange noch Zeit ist. Die Duttons werden mich beneiden das ist Gewiss und ich werde Sophie und Georgiana auf allen Winterbällen chaperonieren können. Doch was habe ich davon, wenn er mir wahrscheinlich gar nicht hingehen lässt, denn das Tanzen ist ihm verhasst und das andere Menschen an Dingen die ihm verhasst sind Gefallen finden könnten geht über seinen Verstand; und überdies spricht er sehr viel davon, dass Frauen ins Haus gehören und dergleichen. Ich glaube ich nehme ihn nicht; und das würde ich ihm auch sofort sagen könnte ich nur sicher sein, dass meine Schwestern seinen Antrag nicht annehmen und er sich, wenn sie ihn abweisen, nicht an die Duttons wendet. Dieses Risiko kann ich auf keinen Fall eingehen, wenn er also verspricht, die Kutsche so zu bestellen wie ich sie möchte, will ich ihn nehmen; wenn nicht mag er meinetwegen allein darin fahren. Ich hoffe du billigst meine Entscheidung; etwas besseres fällt mir einfach nicht ein.
In alter Freundschaft immer die Deine,
Mary Stanhope
Von der selben an die selbe
Meine liebe Fanny,
ich hatte gerade meinen letzten Brief an dich versiegelt als meine Mutter herauf kam und sagte sie wünsche in einer außerordentlichen Angelegenheit mit mir zu sprechen. "Ich weiß schon worum es geht (sagte ich); Mr. Watts, dieser alte Narr, hat dir alles erzählt obschon ich ihn inständig bat es nicht zu tun. Doch kannst du mich nicht zwingen ihn zu nehmen, wenn ich nicht will."
"Ich werde dich nicht zwingen Kind, ich möchte nur wissen wie du über seinen Antrag denkst und dir nahe dich so oder so zu entscheiden, damit Sophie ihn nehmen kann falls du ihn nicht willst."
"Nicht doch (erwiderte ich eillfertig) Sophie braucht sich darüber nicht zu kümmern, denn ich werde ihn ganz sicher selber heiraten."
"Wenn du das schon beschlossen hast (sagte meine Mutter) weiß ich nicht weshalb du dich fürchtest ich könnte dich zu einer dir unwillkommenen Entscheidung zwingen?"
"Weil es für mich noch nicht endgültig fest steht ob ich ihn nehme oder nicht."
"Du bist mir schon ein sonderbares Mädchen, Mary. Was du in der einen Minuten verkündest widerrufst du in der nächsten. Sag mir jetzt ein für alle mal, ob du Mr. Watts zu heiraten gedenkst oder nicht."
"Ach ich bitte dich Mama, wie kann ich dir sagen, was ich selbst noch nicht weiß."
"Dann ersuche ich dich deine Entscheidung möglichst schnell zu treffen, denn Mr. Watts mag sich nicht auf die Folter spannen lassen."
"Da wird er sich schon nach mir richten müssen."
"Das wird er nicht, denn wofern du ihm nicht morgen, wo er zu uns zum Tee kommt, deine endgültige Antwort gibst, will er um Sophie anhalten."
"Na und dann werde ich aller Welt verkünden, dass er mir sehr übel mit gespielt hat."
"Und wozu sollte das alles gut sein. Mr. Watts wird schon so lange von aller Welt verschmäht, dass es ihm jetzt nichts mehr ausmachen dürfte."
"Ich wünschte ich hätte einen Vater oder einen Bruder, die müssten ihm zum Duell fordern."
"Das wäre sehr schlau von ihnen, denn Mr. Watts würde daraufhin sogleich das Weite suchen; und deshalb sollst und wirst du noch vor morgen Abend entscheiden ob du seinen Antrag annimmst.
"Aber was muss er um meine Schwestern anhalten, wenn ich ihn nicht will."
"Meiner treue Kind, weil er sich unserer Familie zu verbinden wünscht und weil deine Schwestern eben so hübsch sind wie du!"
"Aber wird Sophie ihn erhören Mama, wenn er um sie anhält?"
"Warum denn nicht? Sollte sie aber seinen Antrag ausschließen so muss Georgiana ihn nehmen, denn ich werde mir die Gelegenheit einer meiner Töchter zu so einer guten Partie zu verhelfen gewiss nicht entgehen lassen. So nutze deine Zeit wohl und eile dich mit ihr ins reine zu kommen."
Damit ging sie. Und jetzt liebe Fanny bleibt mir nur Sophie und Georgiana zu fragen ob sie ihn nehmen wollen falls er um sie anhält, wenn sie nein sagen, bin ich entschlossen ihm auch abzuagen, denn ich verabscheue ihn mehr als ich dir sagen kann. Und sollte er eine der Duttons heiraten hätte ich immer noch die Genugtuung das er sich zuvor bei mir einen Korb geholt hat.
Adieu für jetzt liebste Freundin.
Immer die Deine
Mary Stanhope
Miss Georgiana Stanhope an Miss ...
Meine liebe Anne,
Sophie und ich haben so eben meiner älteren Schwester eine kleine Komödie vor gespielt, während wir uns ein wenig schämen, die aber im Hinblick auf die Umstände am Ende doch entschuldbar ist. Unser Nachbar Mr. Watts hat Mary einen Antrag gemacht und sie weiß nicht wie sie sich verhalten soll. Zwar ist er ihr äußerst zu Wider, eine Empfindung mit der sie nicht allein steht, doch würde sie ihn eher heiraten als zuzugeben, dass er um Sophie oder mich anhält, was er, wie er ihr sagte, beabsichtigt, wenn sie ihn abweist - denn du musst wissen, dass sie es als das denkbar größte Unglück ansehe, das ihr widerfahren könnte, wenn wir vor ihr unter die Haube kämen. Und um das zu verhindern wäre sie auch bereit sich durch eine Verbindung mit Mr. Watts ins Unglück zu stürzen.Vor einer Stunde kam sie um uns von unseren Absichten auszuforschen und ihr Verhalten entsprechend einzurichten. Kurz zuvor hatte Mutter mit uns über diese Angelegenheit gesprochen und erklärt sie wolle wohl sorgen dass er nicht außerhalb der Familie nach einer Frau zu suchen braucht. "Und deshalb (sagte sie) soll Sophie ihn haben wenn Mary ihn nicht will und wenn Sophie nicht mag muss es eben Georgiana sein." Arme Georgiana! Wir machten beide keinen Versuch meine Mutter davon abzubringen, denn ihre Vorsätze werden, wie ich leider sagen muss, gelegentlich weniger vom Verstand bestimmt als von den festen Willen, sie auszuführen. Doch sobald sie uns verlassen hatte versicherte ich meiner Schwester, erwartete ich für den Fall das Mary Mr. Watts abweiste, keines Falls von ihr, dass sie aus Hochherzigkeit ihr Glück aufs Spiel setzte um seine Frau zu werden, wozu sie, wie ich befürchte, aufgrund ihrer Gutmütgkeit und schwesterlichen Zuneigung durch aus im Stande wäre.
"Wiegen wir uns (sagte sie) einstweilen in der Hoffnung, dass Mary ihm keinen Korb gibt und doch, wie wäre es möglich, dass meine Schwester einen Mann erhört der sie niemals glücklich machen kann."
"Er freilich nicht wohl aber sein Vermögen, sein Name, sein Haus, seine Equipage, ich zweilfe nicht daran das Mary ihn heiraten wird; warum auch nicht? Er ist nicht älter als 32, ein sehr passendes Heiratsalter für einen Mann. Gewiss er ist recht unscheinbar, doch was gilt schon Schönheit in einem Mann? - Es ist ja nur eine angenehme Erscheinung und ein verständiges Gesicht, so mag das voll auf genüge."
"Sehr war Georgiana, doch ist Mr. Watts Erscheinung leider außerordentlich gewöhnlich und seine Züge sind sehr grob."
"Er gilt als übellaunig; aber kann es nicht sein das ihn die Welt bisher nur verkannt hat? Sein Auftreten hat etwas freimütiges das einem Mann wohl ansteht. Es heißt er sei ein Knicker; wir wollen ihn einen gewissenhaften Hausvater nennen. Es heißt er neige zum Argwohn. Der aber entspricht häufig einem hitzigen Temperament, dass man in der Jugend wohl verzeihen mag, kurzum es ist nicht einzusehen warum er nicht einen sehr guten Ehemann abgeben oder warum Mary nicht sehr glücklich mit ihm werden sollte."
Sophie lachte; und ich fuhr fort. "Aber ob Mary ihn erhöhrt oder nicht mein Entschluss steht fest. Ich würde eher betteln gehen als Mr. Watts heiraten. Er ist von abstoßender Gestalt! Und hat keine einzige gute Eigenschaft, die ein darüber hinweg sehen ließe. Freilich er ist sehr vermögend. Nur ist es doch nicht gar so groß! Dreitausend im Jahr. Was sind dreitausend im Jahr? Das ist nur sechsmal soviel wie das Einkommen meiner Mutter. Und kann mich nicht verlocken."
"Für Mary freilich ist es eine Stolze Summe.", versetzte Sophie und lachte wieder. "Für Mary! Ja freilich, sie sehe ich gerne in solchem Wohlstand."
So plauderten wir zum größten ergötzen meiner Schwester weiter bis Mary in beträchtlicher Erregung das Zimmer betrat. Wir rückten am Kamin zusammen. Sie setzte sich und schien zunächst nicht recht zu wissen wie sie beginnen sollte, schließlich sagte sie ziemlich befangen: "Höre Sophie, sag mal hättest du nicht Lust dich zu verheiraten?"
"Mich zu verheiraten! Nicht im mindesten. Doch warum fragst du? Kennst du einen Mann, der um mich anhalten will?"
"Ich - nein, wie sollte ich? Aber darf ich nicht eine alltägliche Frage stellen?"
"Gar so alltäglich ist die Frage wohl nicht Mary." (versetzte ich)
Nach kurzem Schweigen fuhr sie fort: "Wie würde es dir gefallen Mr. Watts zu heiraten Sophie?"
Ich grinste Sophie zu und übernahm es für sie zu antworten: "Wen sollte es nicht freuen einen Mann mit dreitausend Pfund im Jahr heiraten zu können?"
"Sehr war (sagte sie). Das ist wohl wahr. Du würdest ihn also nehmen wenn er dir einen Antrag machte Georgiana und du Sophie?"
Sophie widerstrebte es eine Unwahrheit zu sagen und ihre Schwester zu täuschen; sie umging ersteres und beschwichtigte ihr Gewissen ein wenig in dem sie eine mehrdeutige Antwort gab: "Ich würde genauso handeln wie Georgiana."
"So hört denn (sagte Mary und blickte uns triumphierend an) Ich bin von Mr. Watts um meine Hand gebeten wurden."
Wie waren natürlich äußerst überrascht: "Ich wünschte du gebest ihm einen Korb (sagte ich) vielleicht nehme er dann mich." Kurzum der Plan gelang und um das zu durchkreuzen was sie für unser künftiges Glück hält ist Mary bereit etwas zu tun was sie nie täte wenn sie wüsste, dass sie damit in Wirklichkeit unser Glück sicherstellte. Dennoch spricht mein Herz mich nicht frei und Sophies Bedenken sind noch größer. Beruhige unser Gemüt, liebe Anne, indem du uns schreibst, dass du unser Vorgehen billigst. Überlege alles wohl. Mary wird großen Gefallen daran finden eine verheiratete Frau zu sein und uns chaperonieren zu können und das soll sie auch, denn ich fühle mich verpflichtet in dem neuen Stand zu wählen, welchen ich sie veranlasst habe so weit wie möglich zu ihrem Glück beizutragen. Sie werden wohl eine neue Equipage bekommen, für sie das reinste Paradies und wenn sie Mr. Watts zudem noch zu einem Erwerb eines Phaeton sehen können wird sie überglücklich sein. Sophie und mich indess könnten diese Dinge nicht über häusliche Trübsal hinweg trösten. Bedenke all das und verdamme uns nicht.
(Freitag) Gestern Abend kam Mr. Watts wie verabredet zum Tee. Sobald seine Kutsche vor dem Haus hielt trat Mary ans Fenster. "Stell dir vor Sophie (sagte sie) der alte Narr besteht darauf, dass die neue Equipage genau die selbe Farbe hat wie die alte und eben so niedrig ist. Aber ich bin entschlossen mich durch zusetzten. Und wenn sie nicht so hoch sein kann wie die von den Duttons und nicht in blau und silber gehalten ist nehme ich ihn nicht. Das sage ich euch. Ach da ist er ja schon. Er wird sich ungehobelt benehmen, dass weiß ich im vorraus; er wird übler Laune sein und kein höfliches Wort an mich richten oder sich sonst benehmen wie es sich für einen Liebhaber gehört."
Dann setzte sie sich wieder und Mr. Watts trat ein. "Gehorsamer Diener, die Damen." Wir begrüßten ihn und er setzte sich ebenfalls. "Schönes Wetter, die Damen." Dann wandte er sich an Mary: "Nun denn Miss Stanhope, ich hoffe sie haben sich zu einer Entscheidung durchgerungen; und teilen mir jetzt gütigst mit ob Sie mich heiraten wollen oder nicht."
"Ich denke, Sir (sagte Mary) Sie hätten sich bei Ihrer Frage ein wenig gewählter ausdrücken können. Wenn Sie sich so wunderlich aufführen, dann weiß ich wirklich nicht ob ich Sie nehmen soll."
"Mary!" (sagte meine Mutter)
"Aber Mama, wenn er sich so widerwärtig benimmt..."
"Pst Mary so unziemlich darfst du über Mr. Watts nicht reden."
"Tragen Sie ihr nur ja keine Zurückhaltung aus Madam, denn durchaus unnötig sie zur Höflichkeit mir gegen über anzuhalten. Wenn sie meinen Antrag nicht annehmen will so versuche ich mein Glück eben anderswo, denn es ist schließlich nicht so das ich eine besondere Vorliebe für sie hätte, mir ist es im Grunde gleich ob ich sie nehme oder eine ihrer Schwestern."
Was für ein nichtswürdiger Mensch! Sophie rötete vor Ärger und auch ich war sehr erzürnt! "Na also wenn es denn sein muss (sagte Mary recht verdrießlich) dann nehme ich Sie."
"Ich dächte doch, Miss Stanhope, dass es einer Frau bei einer so großzügigen Versorgung wie ich sie biete keine allzu große Überwindung kosten dürfte Ihr Ja-Wort zu geben."
Mary murmelte etwas und da ich dicht neben ihr saß verstand ich ihre Worte: "Was nützt mir eine großzügige Versorgung, wenn so ein Mann ewig lebt!" Laut sagte sie: "Vergessen Sie nicht das Nadelgeld. 200 im Jahr."
"150, Madame."
"200, Sir.", sagte meine Mutter.
"Und denken Sie daran Sir, dass ich eine neue Equipage erwarte in blau und silber und so hoch wie die von den Duttons; und überdies ein neues Reitpferd, ein feines Spitzenkleid und ungeheuer viele wertvolle Juwelen. Brillianten wie sie kein Auge je sah und Perlen, Rubine, Smaragde und sonstigen Schmuck. Sie sollen ein Phaeton anschaffen cremefarben und mit einem Granz von Silberblumen. Sie sollen mir die besten Braunen im ganzen Königreich bauen und mich täglich ausfahren. Ich bin noch nicht fertig; Sie sollen ihr Haus nach meinen Vorstellungen gänzlich neu einrichten, noch zwei Lakaien zu meiner Bedienung einstellen, mich immer nach gut dünken schalten und walten lassen und mir ein sehr guter Ehemann sein."
An dieser Stelle hielt sie inne weil ihr wohl ein wenig der Atem ausgegangen war.
"All das, Mr. Watts, kann meine Tochter mit Fug und Recht erwarten."
"Da wird wohl ihre Tochter mit Fug und Recht eine Enttäuschung erleben, Mrs. Stanhope." Sagte er und wollte schon weitersprechen, da fiel Mary ihm ins Wort: "Sie sollen mir ein vornehmes Gewächshaus bauen und mit Pflanzen ausstatten. Sie sollen dafür Sorge tragen, dass ich im Winter in Bath, den Frühjahr in London verbringen und jeden Sommer eine längere Reise machen kann und den Rest des Jahres, wenn wir Zuhause sind sollen Sie Bälle und Maskeraden für mich geben. Sie sollen einen besonderen Raum für Theateraufführungen bauen. Als erstes Stück würden wir Which is the man zeigen und ich spiele Lady Bell Bloomer."
"Und was, Miss Stanhope (fragte Mr. Watts) darf ich dafür als Gegenleistung erwarten?"
"Als Gegenleistung? Die Gewissheit mir zu Glück und Zufriedenheit verholfen zu haben."
"Es müsste schon recht sonderbar zu gehen, wenn das alles nicht der Fall wäre. Sie sind mir zu anspruchsvoll Madame, und so wende ich mich denn an Miss Sophie, die vielleicht ihre Erwartungen nicht ganz so hoch gespannt hat."
"Sie irren Sir (sagte Sophie) meine Erwartungen mögen zwar nicht ganz auf der gleichen Linie liegen wie die meiner Schwester sind aber dennoch hoch genug; ich erwarte von meinem Ehemann das er heiter und ausgeglichen ist; das er bei allem was er tut mein Glück im Auge hat und das er mich treu und aufrichtig liebt."
Mr. Watts machte große Augen. "Das sind für wahr recht wunderliche Vorstellungen, junge Dame. Ich rate Ihnen sehr sie noch vor der Eheschließung abzulegen sonst werden sie gewiss genötigt sein es danach zu tun."
Indess hatte meine Mutter mit Mary gesprochen und ihr Vorhaltungen gemacht, diesen Begriff das sie zu weit gegangen war und Mr. Watts hatte sich just mir zu gewandt. Als sie halb vor Wut halb verdrießlich sagte: "Sie irren Mr. Watts wenn sie glaubten ich hätte es ernst gemeint dieses viel verlangte. Auf eine neue Equipage muss ich aber bestehen."
"Ja, Sir. Sie werden zugeben, dass Mary das mit Fug und Recht erwarten kann."
"Ich habe vor eine neue Equipage anzuschaffen, wenn ich heirate, Mrs. Stanhope. Das habe ich schon immer vorgehabt, aber sie wird in der Farbe wie die alte sein."
"Ich denke, Mr. Watts, sie sollten meiner Tochter die Höflichkeit erweisen sie in solchen Dingen, nach ihrem Geschmack zu fragen."
Damit war Mr. Watts nicht einverstanden und geraume Zeit noch beharrte er auf seine schokoladenfarbe indess Mary mit dem gleichen Eifer für blau-silber stritt. Schließlich schlug Sophie Mr. Watts zu gefallen dunkelbraund und Mary zu gefallen eine recht hohe Equipage mit silbernen Kanten zu. Darauf einigten sie sich dann schließlich wenn auch mit einigen Widerstreben, da beide ihren Standpunkt lieber vollständig durchgesetzt hätten. Hiernach wurden andere Dinge besprochen und man kam überein Hochzeit zu machen, sobald die Urkunden aufgesetzt waren. Mary war auf eine Sonderschließung zur Ehe aus, Mr. Watts sprach vom aufgebot. Man einigte sich später schließlich auf eine gewöhnliche Heiratserlaubnis. Mary soll seinen Familienschmuck haben, der aber wohl nicht der Rede wert ist und Mr. Watts versprach ihr ein Reitpferd zu kaufen; dafür hat sie in den kommenden drei Jahren keine Reise nach London oder anderen öffentlichen Plätzen zu erwarten. Sie wird weder ein Gewächshaus, noch ein Privattheater oder einen Phaeton bekommen; und muss sich mit nur einer Zofe ohne zusätzliche Lakaien begnügen. Die Regelung dieser Fragen nahm des ganzen Abend in Anspruch; Mr. Watts aß mit uns und verließ erst um zehn das Haus. Sobald er weg war stieß Mary hervor: "Gott sein Dank endlich ist er weg; wie ich ihn verabscheue!"
Vergeblich stelle Mama ihr vor wie unziemlich es sei denjenigen zu verabscheuen, der ihr zum Ehemann bestimmt ist. Sie wurde nicht müde zu verkünden wie verhasst er ihr sei und wie inständig sie sich wünsche ihn nie wieder zu sehen. Was mag das für eine Ehe werden.
Adieu liebste Anne.
Deine dich liebende
Georgiana Stanhope
Von der selben an die selbe
Liebe Anne (Samstag),
Mary, der sehr daran gelegen war die Kunde von ihrer bevorstehenden Heirat überall zu verbreiten und ihren Triumph über die Duttons auszukosten, forderte uns auf am Vormittag mit ihr einen Gang nach Stoneham zu machen. Da wir nichts anderes zu tun hatten waren wir einverstanden und freuten uns an dem Spaziergang soweit das in Gesellschaft Marys Möglich war deren Unterhaltung sich darin erschöpfte ihren künftigen Ehemann zu schmähen und sich nach einer blau-silbernen Equipage zu verzehren. Als wir zu den Duttons kamen fanden wir die beiden Mädchen im Ankleidezimmer zusammen mit einem sehr gutaussehenden jungen Mann der uns natürlich vorgestellt wurde. Er ist der Sohn von Sir Henry Brudenell aus Leicestershire - Mr. Brudenell ist der stattlichste junge Mann der mir je begegnet ist; wir sind alle drei sehr von ihm angetan. Mary, die schier barst im Bewusstsein ihrer eigenen Bedeutung und dem drang sich entsprechend mitzuteilen, konnte, als wir einmal saßen, über das Thema nicht lange schweigen und wandte sich als bald an Kitty mit den Worten: "Meinst du nicht das es nötig sein wird den ganzen Schmuck neu fassen zu lassen?"
"Notwendig wofür?"
"Wofür! Nun, für meinen Auftritt natürlich."
"Verzeih, aber ich verstehe dich nicht. Von welchem Schmuck sprichst du und wann soll dieser Auftritt sein?"
"Auf dem nächsten Ball natürlich, nach meiner Hochzeit."
Du kannst dir ihre Überraschung vorstellen. Zuerst waren sie recht skeptisch, doch als wir die Geschichte bestätigten, mussten sie es wohl glauben.
"Und wer ist der Glückliche?", lautete natürlich die erste Frage.
Mary spielte die Schamhafte und erwiderte mit niedergeschlagenem Blick "Mr. Watts". Auch hierfür erbaten sie unsere Bestätigung, denn das ein so hübsches und überdies mit einem kleinen aber sicheren Vermögen ausgestattetes Mädchen wie Mary auf freien Stücken bereit wäre einen Mr. Watts zu heiraten war ihnen schier unbegreiflich. Da nun der Gegenstand angemessen eingeführt wurden war und Mary sich im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit befand, legte sich ihre Befangenheit vollkommen und sie wurde ganz offenherzig und gesprächig.
"Es wundert mich, dass ihr noch nichts davon gehört habt, denn derlei Dinge sprechen sich doch schnell in der Nachbarschaft herum."
"Ich kann dir versichern,", sagte Jemima, "dass ich von dieser Sache keine Ahnung hatte. Geht sie denn schon länger?"
"Oh ja! Bereits seit Mittwoch."
Alle lächelten besonders Mr. Brudenell.
"Ihr müsst wissen, dass Mr. Watts heftig in mich verliebt ist, so dass es auf seiner Seite eine echte Neigungsehe ist."
"Doch wohl nicht nur auf seiner Seite.", bemerkte Kitty.
"Ach, wenn auf einer Seite so viel Liebe im Spiel ist tut sie auf der anderen Seite nicht Not. Doch bin ich ihm nicht allzu abgeneigt obwohl er schon recht garstig aussieht."
Mr. Brudenell machte große Augen, die Dutton Schwestern lachten und Sophie und ich schämten uns von Herzen für unsere Schwester.
"Wir werden eine neue Equipage bekommen und sehr wahrscheinlich einen Phaeton anschaffen."
Diese Feststellung entsprach, wie wir wussten, nicht der Wahrheit, doch wenn es der Ärmsten Freude macht den Anwesenden etwas derartiges einzureden mochte ich ihr den harmlosen Spaß nicht verderben. Sie fuhr fort:
"Mr. Watts wird mir seinen Familienschmuck schenken, der, ich glaube, sehr beträchtlich ist."
Ich konnte nicht umhin Sophie zuzuflüstern: "Ich glaube das nicht."
"Und dieser Schmuck, denke ich, sollte neu gefasst werden ehe man ihn tragen kann. Ich werde ihn zu meinem ersten Ball nach der Hochzeit anlegen. Falls Mrs. Dutton nicht hingehen möchte werde ich euch gern chaperonieren; Sophie und Georgiana nehme ich auf jeden Fall mit."
"Sehr gütig (sagte Kitty) da du anscheinend so gern junge Damen unter deine Fittiche nimmst solltest du Mrs. Edgecumbe fragen, ob sie dich ihre sechs Töchter chaperonieren lässt, zusammen mit deinen Schwestern und uns dürfte dein Erscheinen dann erhebliches Aufsehen machen."
Wir mussten alle schmunzeln bis auf Mary, die den Hintersinn ihrer Worte nicht begriffen hatte und kühl erklärte eine so große Zahl wünsche sie nicht zu chaperonieren. Sophie und ich bemühten uns dem Gespräch eine andere Wendung zu geben was aber nur wenige Minuten möglich war, denn Mary brachte die Rede sogleich wieder auf sich und ihre bevorstehende Hochzeit. Es tat mir für meine Schwester leid, dass Mr. Brudenell ihr offenbar mit großem Ergötzen zuhörte und sie durch Fragen und Bemerkungen ermutigte fortzufahren, denn es lag auf der Hand das er sich nur über sie lustig machte. Ich fürchte, er fand sie sehr albern. Er beherrschte sich recht gut doch war ihm anzusehen, dass er Mühe hatte Ernst zu bleiben. Schließlich aber schien er ihrer Redereien überdrüssig geworden zu seien, er wandte sich uns zu und richtete die nächste halbe Stunde, ehe wir Stoneham verließen, kaum noch ein Wort an Mary. Auf dem Heimweg konnten wir uns nicht genug tuen Mr. Brudenells Weisen und Erscheinungen zu preisen.
Zuhause fanden wir Mr. Watts vor. "Na Miss Stanhope, (sagte er) wie Sie sehen bin ich gekommen um Ihnen die Cour zu schneiden, wie sich das für einen richtigen Liebhaber gehört."
"Das hätten Sie mir nicht eigens zu sagen brauchen. Ich weiß sehr gut warum Sie gekommen sind."
Sophie und ich verließen das Zimmer, da wir der jungen Liebe natürlich nicht im Weg sein wollten. Zu unserer großen Überraschung folgte uns Mary fast unverzüglich nach.
"Wie, hat Mr. Watts sein Cour schneiden so schnell wieder eingestellt?", fragte Sophie.
"Cour schneiden! Gestritten haben wir. Watts ist so ein Handswurst! Am liebsten würde ich ihn nie wieder sehen."
"Ich fürchte daraus wird nichts (sagte ich) da er heute hier zu Abend isst. Worum ging denn der Streit?"
"Nur weil ich ihm erzählte ich habe heute Vormittag einen Mann gesehen, der viel hübscher ist als er, geriet er in Wut und nannte mich ein Zankteufel, daraufhin sagte ich nur für mich sei er ein Lumpenkerl und ließ ihn stehen."
"Kurz und bündig; (bemerkte Sophie) aber sag mir doch Mary, wie das wieder ins Lot kommen soll?"
"Eigentlich müsste er mich um Verzeihung bitten; doch wenn er es täte würde ich sie ihm nicht gewähren."
"Dann hätte ja sein Nachgeben auch wenig Sinn."
Wir zogen uns um und gingen dann wieder in den Salon, wo Mama und Mr. Watts in vertraulichen Gespräch beisammen saßen. Er hatte sich offenbar über das Betragen ihrer Tochter beschwärt und sie hatte ihm zugeredet sich nichts daraus zu machen. Und so begegnete er denn Mary mit all seiner gewohnten Artigkeit und bis auf eine Spitze, die das Phaeton und eine zweite die das Gewächshaus betraf, verlief der Abend mit Harmonie und Herzligkeit. Watts will nach London fahren um die Hochzeitsvorbereitungen anzutreiben.
In alter Freundschaft verbleibe ich
Deine Georgiana Stanhope.
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